Donnerstag, 5. Januar 2012

Marco Reus, wie Herrlich.

Lange ist es her. Am Ende der Saison 1994/95 war Borussia Mönchengladbach Pokalsieger und spielte eine gute Rolle im vorderen Drittel der Fußballbundesliga. Marco Reus war zu diesem Zeitpunkt etwa sechs Jahre alt und machte in Dortmund seine ersten Schritte als Fußballspieler. Nicht überliefert ist, ob er zu diesem Zeitpunkt bereits das Trikot des BVB getragen hat. Jedenfalls hat er womöglich mitbekommen, dass der Torschützenkönig der Bundesliga nach unsäglichem Transfer-Hickhack von der Mönchengladbacher zur Dortmunder Borussia wechselte. Die Anhänger der Elf vom Niederrhein waren schockiert und "Judas" Heiko Herrlich ihr neues Feindbild Nummer 1.

Marco Reus im Abseits (Dezember 2011)


Die Geschichte wiederholt sich in Nuancen. Nicht, dass es peinliche Aussagen zum Transfer des Marco Reus gegeben hat, nicht, dass er zum Feindbild mutiert, nein, aber der Schock in den Reihen der Verlassenen ist umso abgründiger! 1995 hatte Gladbach in Stefan Effenberg und Martin Dahlin zwei gestandene Spieler, denen jeder Fan und auch die Vereinsführung zutraute, die Herrlich-Lücke zu schließen. 2012 ist das gänzlich anders. Marco Reus ist seit einer Ewigkeit der erste Spieler von internationaler Klasse, der der Mannschaft von Borussia Mönchengladbach entspringt. 1998 verließen Stefan Effenberg und Patrik Andersson als letzte dieser Reihe die Borussia in Richtung Bayern. Seitdem kamen und gingen alternde Stars (Elber, Ziege, Polster), Jugendliche im Höhenrausch (Jansen, Marin, Baumjohann) oder die Legionen trauriger Vergessener (van Houdt, Heinz, Insua). Zu Lieblingen des Gladbach-Publikums zu werden, schafften wenigstens der Schweizer altinternationale Torwart Stiel, das deutsch-holländische Kopfballungeheuer van Lent und einer, der das internationale Flair bereits mitbrachte, nämlich WM-Torjäger Oliver Neuville.

Marco Reus war ein ganz anderer. Er stand für den Aufbruch, für die Zukunft, für die Erweckung des "schlafenden Riesen" Borussia VfL 1900 Mönchengladbach. Sein Spiel ließ Hunderttausende träumen, von glorreichen Erfolgen auf europäischer Bühne, von der triumphalen Rückkehr eines totgeglaubten Vereins, ja, selbst die Wiedergeburt der legendären Fohlenelf war nicht mehr unerreichbar. Es war herrlich, ihn im blütenweißen Trikot laufen und schießen zu sehen ... die Fantasie seiner die Jünger beflügelnden Leichtigkeit im Umgang mit dem Ball, den er zu liebkosen schien ... ungestüm! Der neue Messi, ach was, der Messias!! Alles schien möglich, der Himmel die Grenze.

Alles ist nun zerstört: Der Glaube an die Meisterschaft, an den Pokalsieg, an die Champions League. Die Fans zittern und bangen, dass nun nicht noch viel mehr zusammenbricht in Mönchengladbach, dass die richtigen Spieler verpflichtet werden, dass die wiedergewonnene Stärke um Himmels willen bewahrt werden kann, dass die Fan-Lieblinge ter Stegen, Dante und Herrmann gehalten werden können, dass es am Ende vielleicht doch nur zu Platz 7 langen könnte ... Statt Optimismus herrscht im Januar 2012 Pessimismus. Marco, du warst so herrlich!

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